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1. Theil 3 - S. 171

1880 - Stuttgart : Heitz
Gustav Erichson, König von Schweden. 171 habe. Sie läuteten schnell die Sturmglocke. Die Nachbardörfer, zu denen der Wind den Schall Hinübertrieb, läuteten auch und alsbald waren einige Tausend bewaffnete Bauern beisammen, die den Hos stürmten, wo sich die Dänen gelagert hatten. Diese wären verloren gewesen, hätten sie nicht schnell versprochen, Erichson in Ruhe zu lassen. Er machte sich nun geschwind davon und eilte noch tiefer in die Wildnisse hinein. Kaum aber war er fort, so erschien ein anderer schwedischer Edelmann, Lars Orlosson, in Mora. Er bestätigte nicht nur alles, was Gustav erzählt hatte, sondern setzte noch hinzu: Christian würde nächstens eine Blutreise durch Schweden machen, auch ins Gebirg kommen und neue Steuern auslegen. Damit aber die Bauern sich nicht empörten, so würde er jedem einen Arm und ein Bein abhauen lassen. Die Dalekarlier standen erschrocken da und bedauerten, daß sie Erichson hätten ziehen lassen. Kaum aber hörte Orlosson, daß dieser sich in der Gegend aufhielt, als er ihnen versicherte, dieser und kein anderer sei dazu gemacht, die Schweden zu retten. Dies bestätigte ein dritter flüchtiger Edelmann, der Augenzeuge von dem Blutbade in Stockholm gewesen war. Seine Schilderung riß die Bauern bis zur Wuth fort. Sie schickten dem Gustav Eilboten mit Schlittschuhen nach. Er wurde auch bald eingeholt, zurückgebracht und mit Jauchzen empfangen. Zweihundert Mann erboten sich gleich mit ihm zu ziehen. Mit ihnen erstürmte er ein Bergschloß und vertheilte die darin gefundene Kasse unter sie. Das machte großes Aussehen; wen nicht die Vaterlandsliebe antrieb, den lockte der Gewinn, und in wenigen Tagen waren schon 3000 Mann unter seinen Befehlen. Sein Heer machte reißende Fortschritte. Indessen übergehen wir hier die einzelnen Vorfälle des Krieges. Es sei genug, zu sagen, daß sich immer mehr gut gesinnte Schweden zu den ehrlichen Dalekarliern schlugen. Die Dänen verloren eine Stadt, eine Provinz nach der andern und waren endlich zuletzt nur auf Stockholm beschränkt, welches Gustav zu Wasser und zu Lande belagerte; denn die entzückten Schweden hatten ihn bereits zu ihrem Reichsfeldherrn ernannt. Aber damit waren sie nicht zufrieden; sie trugen ihm auch einstimmig die Königswürde an; jeder drängte sich auf dem Reichstage, welcher dazu in Strengnäs (1523) gehalten wurde, zu ihm heran, nm ihm mit Lobsprüchen und Danksagungen zu überhäufen. Gustav Erichson war sehr gerührt. „Ich danke euch, meine theuern Landsleute," sprach er, „für eure Liebe.

2. Theil 3 - S. 288

1880 - Stuttgart : Heitz
288 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Norwegen. Mit dem Ueberreste seines Heeres kam Karl am folgenden Tage an den Dnjepr. Mit Mühe überredete ihn Löwenhaupt, sich schleunig hinüber zu retten, und kaum war er auch mit nur 169 Mann, meist Offizieren, nicht ohne Gefahr drüben, so erschienen die Russen und nahmen vor seinen Augen Löwenhaupt mit fast dem ganzen schwedischen Heere gefangen. Was nun zu thun? — Zurück konnte und wollte Karl nicht. Da beschloß er denn, nach der Türkei zu gehen. Ein sonderbarer Entschluß! Aber gerade das Sonderbare zog ihn an. Er sand zwischen dem Dnjepr und Bog eine ungeheuere Einöde, mit Gras und niedrigem Gesträuch bewachsen, weit und breit keine Spur von Menschen, nicht einmal ein Fußsteig war zu sehen. In tiefer Stille setzten die Schweden ihren Weg fort. Jeder war mit der Vergangenheit und Zukunft beschäftigt. Dabei war nichts zu essen da. Die Kosacken jagten sich Rebhühner und wilde Schafe, die Schweden aßen bittere Mandeln und wilde Kirschen, und tranken Wasser aus einem faulen Moraste dazu. Nach zwei Tagen erreichte man den Bog. Jenseits fing das türkische Reich an. Karl sandte einen General hinüber, dem nächsten Pascha in Oczakow seine Ankunft zu melden. Dieser aber wollte erst in Konstantinopel anfragen; bis dahin wären alle Schweden verhungert, oder von den nacheilenden Russen gefangen worden. Zum Glück brachten Kaufleute Lebensmittel ins Lager und viele Schweden drängten sich mit Gewalt über den Fluß. Die übrigen wurden richtig von den Russen gefangen. Indessen hatte der Pascha von Bender, Jussuf Pascha, der von des Königs Thaten ganz bezaubert war, seine Annäherung erfahren, schickte ihm gleich Boten entgegen und bereitete ihm einen glänzenden Empfang. Zum Glück für Karl war der damalige Sultan, Achmet Iii., ein großmüthiger Mann, der sogleich Befehl ertheilte, für die Schweden bei der Stadt Bender ein Lager zu errichten, und sie unter seinen Schutz nahm. Hier im Lager traf Karl die Nachricht, daß seine uw ein ' Jahr ältere geliebte Schwester, Wittwe dss Herzogs von Holstein, der in der Schlacht bei Klissow gefallen war, gestorben sei. Man hatte ihm, um ihn zu schonen, diesen Verlust lange verschwiegen, bis er ihn durch Zufall erfuhr. „Ach, meine Schwester!" rief er aus: „Ach, meine Schwester!" Ein Augenzeuge sagt: „Wie sehr ihm diese Nachricht zu Herzen ging, ist kaum zu beschreiben. Jedermann hatte geglaubt, sein Heldenleben hätte alle seine Gefühle abgestumpft, da er weder Zorn, noch Begierde, noch Freude, noch

3. Theil 3 - S. 374

1880 - Stuttgart : Heitz
374 Neue Geschichte. 3. Periode. Rußland. vergebens die Russen um Hülfe flehten. „Nehmt uns nur wenigstens mit euch!" baten sie das russische Hülssheer, als es aus Navariuo in Morea abzog, ohne etwas ausgerichtet zu haben. Aber der russische Befehlshaber Alexei Orlow ließ die Thore vor ihnen schließen und segelte dann ab. Nun ging das Gemetzel erst recht an; in Tripolizza wurden allein 3000 niedergemacht, und wenig fehlte, daß nicht der Befehl gegeben wurde, alle Griechen im ganzen türkischen Reiche ums Leben zu bringen. Von den Siegen der Russen in der Moldau soll hier nicht erzählt werden, wohl aber von dem großen Seesiege bei Skio (1770). Die russischen Admirale Elp Hinstone und Spiritow trafen bei der Insel Skio im Archipel auf den Kapndan-Pafcha, den Befehlshaber der türkischen Flotte. Eine fürchterliche Schlacht! Endlich ergriff das Feuer das türkische Admiralschiff; es flog mit entsetzlichem Krachen in die Luft und riß das russische mit in die Höhe. Eine Menge von Menschen verloren dabei das Leben; nur Spiritow und der Pascha kamen von dem unfreiwilligen Fluge glücklich zurück. Die geschlagenen türkischen Schiffe retteten sich in die Bai von Tschesme an der kleinasiatischen Küste. Sogleich legte sich Elphinstone davor und ließ durch einen englischen Seeoffizier, Dugdale (sprich Dockdähl), während der Nacht die türkische Flotte vermittelst eines Branders anzünden. Sie brannte fünf Stunden lang — ein furchtbar-schöner Anblick! Weithin waren See und Land erleuchtet, und das Krachen der einzeln auffliegenden Schiffe hörte man bis nach Athen. — Elphinstone segelte darauf, um der Kaiserin sein Wort zu lösen, mit seinem Schiffe keck durch die Meerenge der Dardanellen, unbekümmert um die rechts und links auf ihn abgesendeten Kanonenkugeln, warf die Anker Angesichts des Sera'i in Constantinopel, ließ seine Trompeter einen Tusch blasen, trank vor den Augen der erstaunten Türken eine Tasse Thee und fuhr endlich zurück, wie er gekommen war. — Der Krieg wurde beendigt durch den Frieden von Kutschuk Kainardschi, bei Silistria an der Donau (1774). Den zweiten Krieg unternahm Katharina in der Hoffnung, die Türken aus Europa zu verjagen. Daran dachte sie in allem Ernste und hatte auch deshalb über das Thor der am Schwarzen Meere erbauten Stadt Cherson die Überschrift setzen lassen: „Weg nach Byzanz!" Sie hatte dies Reich ihrem zweiten Enkel bestimmt und daher ihn Constantin taufen lassen. Wer weiß auch, ob es ihr nicht endlich gelungen wäre, wenn nicht England und Friedrich

4. Theil 3 - S. 363

1880 - Stuttgart : Heitz
Congreß in Philadelphia. 363 kaufen, und behalfen sich mit dem, welcher auf Schleichwegen eingeführt wurde. Vielleicht würde indessen zuletzt der Eifer der Widersetzlichkeit erkaltet sein, hätten nicht die vielen Reibungen zwischen den englischen Soldaten und den Einwohnern die Erbitterung nicht allein unterhalten, sondern täglich vermehrt. Es kam selbst zu blutigen Schlägereien, wobei drei Bürger erschossen und mehrere verwundet wurden. Das hieß Oel ins Feuer gießen. Die Leichen wurden als Märtyrer der Freiheit feierlich beerdigt und ihr Todestag zu einem jährlichen. Trauerfeste bestimmt. Durch die Festigkeit der Amerikaner, keinen Thee von England zu kaufen, hatte sich indessen die Waare in den Speichern der englisch-ostindischen Compagnie so aufgehäuft, daß diese nicht wußte, wohin sie damit sollte. Theils um der Gesellschaft Absatz zu verschaffen, theis um die Amerikaner durch große Wohlfeilheit zum Kaufe anzulocken, gab England die sogenannte Thee acte (1773), nach welcher jene Compagnie keinen Ausfuhrzoll mehr an England zu bezahlen hatte, und also nun den Thee spottwohlfeil in Amerika verkaufen konnte. Aber die Amerikaner waren auf ihrer Hut. Sie betrachteten die Unternehmung als einen Plan, sie zu überlisten, und waren entschlossen, auf alle Weise die Ausschiffung zu hindern. Lieber wollten sie theuern Thee trinken, als etwas zu der Gelinguug der verhaßten Theeacte beitragen. Mehrere Theeschiffe kehrten, daher unverrichteter Sache wieder nach England zurück. In Boston aber bestiegen am 18. Dezember 1773 17 Leute, die sich, um nicht leicht erkannt zu werden, als Mohawk-(sprich Mohauk-) Indianer verkleidet hatten, die noch im Hasen liegenden Theeschiffe, schlugen 342 Kisten auf und schütteten 18,000 Psnnd während einiger Stunden unter dem Beifallsgeschrei des Volks in das Meer. In England nahm man diese eigenmächtige Handlung sehr übel auf, und es wurden alsbald Schiffe geschickt, zur Strafe den Hafen von Boston ganz zu sperren. Aber die Amerikaner standen alle für einen Mann. Sie bildeten 1774 aus den Abgeordneten der einzelnen Provinzen eine Versammlung oder einen Congreß, der in Philadelphia, welches dadurch die Hauptstadt des ganzen Landes wurde, zusammentrat und die Angelegenheiten des Bundes leitete. Hier wurde beschlossen, vom 1. Dezember 1774 an gar keine Waaren mehr weder aus England noch aus den englisch-ostindischen Inseln zu kaufen, und vom 10. September 1775 an keine von Amerika mehr an die Engländer zu verkaufen. So war also eine völlige Handelstrennung

5. Theil 3 - S. 42

1880 - Stuttgart : Heitz
42 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. der Stadt einen Ausfall und hieben die durchnäßten und ermüdeten Kaiserlichen fürchterlich zusammen. Die Eroberung der Stadt war nun nicht mehr möglich; es galt nur noch die schleunigste Wiedereinschiffung. Aber der Sturm hatte die Schiffe von ihren Ankern losgerissen; viele waren gestrandet oder gescheitert, die andern in die hohe See getrieben. Mit Mühe wurde ein Theil der Schiffe zusammengebracht; das entmuthigte Heer, von den leichten türkischen Reitern verfolgt, eilte, seine Trümmer einzuschiffen, und der Kaiser mußte sich gestehen, daß die Unternehmung ganz verunglückt sei. Einige Jahre später erhob Karl V. doch noch seine Waffen gegen die Religionsneuerungen in Deutschland. -Immer größer war schon in den letzten Lebensjahren Luthers die Spannung zwischen den Evangelischen und Katholischen geworden. Vergebens hatten jene dringend und oft den Kaiser um gleiche Rechte mit den Katholiken und um ungekränkte Religionsübung gebeten. Nun hörten sie gar, der Kaiser rüste sich und habe mit dem Papste ein Bündniß*) geschlossen; denn er war auf sie darum erbittert, weil sie sich weigerten, die Kirchenversammlung in Trient (1545 bis 1563) zu beschicken. Sie fragten daher bei ihm an, wohin die Rüstungen zielten, und erhielten die beunruhigende Antwort: Er werde sich gegen alle, die ihm gehorsam wären,' gnädig und väterlich erweisen, gegen die Ungehorsamen und Widerspenstigen aber sein kaiserliches Ansehen gebrauchen. Am folgenden Tage erklärte er sich noch bestimmter: Er habe beschlossen, einige ungehorsame Störer des Friedens, die bisher unter dem Scheine der Religion selbst die kaiserliche Hoheit anzugreifen gewagt hätten, zum Gehorsam zurückzubringen. Die evangelischen Fürsten und Städte verstanden, daß er sie damit meinte, und rüsteten sich geschwind. Nur war leider unter ihnen keine Einigkeit. Johann Friedrich von Sachsen war ein guter Manu, aber von sehr beschränkten Verstandeskräften. Er hatte den Glauben, daß Gott sein Evangelium schon vertheidigen würde, aber dieser Glaube stärkte ihn nicht zu muthigem Handeln; er war lässig in der Anwendung der ihm zu Gebote stehenden Kräfte und säumig in der Benutzung günstiger Umstände. Er hatte überhaupt einen großen Abscheu vor dem Kriege und wurde darin von dem friedliebenden Melanchthon noch mehr bestärkt. Ganz anders war dagegen Philipp von Hessen, *) Der Papst versprach Geld und Soldaten, „um die alte Religion wider die gottlosen und halsstarrigen Ketzer zu vertheidigend

6. Theil 3 - S. 265

1880 - Stuttgart : Heitz
Belagerung von Wien. 265 wer fliehen konnte, floh ihm nach. Der kriegerische Großvezier Kara Mustapha, gesandt von Sultan Mnhamed Iv., umlagerte Wien mit 200,000 Mann und bestürmte es mit solchem Ungestüme, daß die Mauern wankten und die Hoffnung der Belagerten täglich mehr sank. Schon lagen die Türken zwei Monate vor der Stadt, und einmal waren die Stürmenden schon bis auf den Wall vorgedrungen. Fast täglich flogen Minen auf, durch welche die Wälle Lücken bekamen. Endlich bemerkten die hartbedrängten Wiener unter den Türken eine Bewegung, die ihnen eine Annäherung des Entsatzes zu verrathen schien. Der tapfere Commandant Stahrem-berg schickte in dunkler Nacht einen kühnen Reiter, der durch die Donau schwamm, dem kaiserlichen Heerführer, Karl von Lothringen, entgegen,xmit den wenigen angstvollen Worten: „Keine Zeit mehr verlieren, gnädigster Herr, ja keine Zeit verlieren!" Zugleich ließ er, wie die Wiener schon bisher jede Nacht, aber ohne ein Zeichen der Erkennung zu erhalten, gethan hatten, als Zeichen höchster Noth vom Stephansthurme ein Bündel Raketen in die tiefe Finsterniß emporsteigen. Ein feuriger Busch Raketen, die in der Ferne auf dem Kahlenberge in die Luft sich erhoben, diente den Wienern zur Antwort, daß man das Zeichen bemerkt und verstanden habe. Mit dem ersten Strahle der Morgensonne des 11. September zeigte sich ihnen auf der Höhe des Kahlenberges das errettende Heer. Alles, was noch gehen konnte, eilte auf die Böden der Häuser, auf Thürme und Wälle, um sich an dem seit neun Wochen bang ersehnten Anblicke zu weiden, und nun in die Kirchen, um Gott für die nahe Rettung zu danken. Der Prinz von Lothringen, der Kurfürst, von Sachsen, vor allen aber der ritterliche Johann Sobieski, König von Polen, eilten herbei, der bedrängten Stadt zu Hülfe. Jetzt stiegen die Heerfchaaren die Höhen hinab und warfen sich aus die Janit-scharen, die, Kara Mustapha in ihrer Mitte, nur Schritt vor Schritt zurückwichen. Den ganzen Tag wurde hier gestritten; immer näher rückten die Befreier an die Stadt, die, in Angst und Wonne, den ganzen Tag vom türkischen Lager ans bestürmt wurde. Erst am Abend gelangten die Retter bis zu den Vorstädten: Wien war befreit; die Türken ergriff Angst und Schrecken; sie warfen sich, alles zurücklassend, in die schleunigste Flucht. Die Beute war unermeßlich. Am Abend schrieb Sobieski im Zelte des Großveziers an seine geliebte Frau: „Es ist unmöglich, den Luxus zu beschreiben, der in den Zelten des Veziers herrscht: Bäder, Gärtchen, Springbrunnen , Kaninchenhügel und Papageien. Was meine Beute be-

7. Theil 3 - S. 199

1880 - Stuttgart : Heitz
Zerstörung Magdeburgs. 199 käme. Noch am 19. Mai Vormittags ließ er ein fürchterliches Feuer gegen die Stadt machen. Bomben, Granaten und glühende Kugeln fielen wie ein Regen über die Häuser. Aber des Nachmittags ließ das Feuern plötzlich nach, selbst die Kanonen wurden aus den Batterien zurückgeführt und das bestärkte die Magdeburger in der Hoffnung, die Schweden müßten in der Nähe sein. Eben so ruhig verging die Nacht und gegen Morgen um 5 Uhr gingen die ermüdeten Soldaten und Bürger, die seit Monaten schon nicht recht ausgeschlafen hatten, in ihre Häuser, um einige Stunden lang der Ruhe zu pflegen. Am Tage vorher war in einem Kriegsrathe, den Tilly halten ließ, der Sturm beschlossen worden und die Rollen vertheilt. Die Leitern lagen bereit. Um 5 Uhr Morgens — es war der 20. Mai — erwarteten die Soldaten das Zeichen. Aber an diesem Morgen hielt Tilly noch einen Kriegsrath und dies verzögerte den Sturm bis 7 Uhr. Jetzt wurden alle Kanonen gelöst und von allen Seiten stürzten die Kaiserlichen auf die Wälle los. Die meisten Soldaten und Bürger waren zu Hause in tiefem Schlafe; die wenigen, welche Wache standen, wurden schnell überwältigt und der Wall war erstiegen. Der schwedische Commandant Falkenberg war eben auf dem Rathhause, um den kaiserlichen Trompeter abzufertigen, als er den Kanonendonner hörte. Er eilte den Eindringenden entgegen und wurde erschossen. Indessen waren die Wälle bereits erstürmt; die Thore wurden eingeschlagen und es erhob sich in der Stadt ein fürchterlicher Tumult. Die Trommler schlugen Lärm, in den Straßen wurde geschossen und alles schrie aus voller Kehle: „Der Feind ist da!" Von allen Seiten läuteten die Glocken Sturm. Ueberall fuhren die armen Bürger aus dem Schlaf auf, ohne erst recht zu wissen, was es gäbe. Manche stürzten auf die Straßen und wurden von den Kaiserlichen, die schon bei hellen Haufen eindrangen, niedergestochen. Andere verriegelten ihre Häuser und Fensterladen und brachten ihre Frauen und Kinder und ihre besten Habseligkeilen in Sicherheit. Welch ein Tag des Schreckens und Grausens! Welch fürchterlicher Wechsel der freudigen Erwartung und des Entsetzens! Vor wenigen Minuten noch warteten sie auf die nahe Ankunft der Schweden, und jetzt drangen die Feinde mit wüthendem Mordgeschrei durch die Straßen. Alles, was diese auf den Gassen fanden, wurde ohne Barmherzigkeit niedergesäbelt; wenige Bürger wagten Widerstand zu leisten und deckten bald mit ihren blutenden Körpern die Straßen.

8. Theil 4 - S. 89

1880 - Stuttgart : Heitz
Rückzug der Franzosen aus Rußland. 89 Napoleon erhielt die Nachricht von einer Verschwörung, welche in Paris ein General Mallet entworfen habe, zugleich aber auch, daß sie gescheitert sei. Dennoch hielt er für nöthig, nach Paris zurückzueilen. Auf einem einfachen Schlitten, in Pelze gehüllt, reiste er, nur in Begleitung des Generals Caulaiucourt den Trümmern seines Heeres schnell voraus. Gräßlich war indessen das Elend seiner unglücklichen Soldaten. Nie hatte ein Heer ein ähnliches Unglück betroffen. Bleich wie Schatten, zum Theil durch Hunger und Kälte ohne Besinnung und Sprache, wandelten sie daher. Nur wenn der Ruf: Kosack! erscholl, setzte sich die gespenstergleiche Schaar in Trab. Des Nachts war an Wachtfeuer nur selten zu denken. Daher drängten sie sich zu zehn bis zwanzig, wie Thiere dicht aufeinander, um sich vor Kälte zu schützen. Solche Haufen wurden häufig am Morgen von den Russen todt gefunden. Aehnliche schauerliche Todteuversammlungen traf man des Morgens um die erloschenen Wachtfeuer. Hatten einige Holz gefunden und Feuer angemacht, so hockte eine Menge dieser Gestalten umher; mächtigt und suchte ihre beiden Kinder über den Strom zu retten. Aber eine große Eisscholle stieß dagegen, der Kahn schlug um und Mutter und Kinder fielen ins Wasser. In dem Augenblicke warf sich ein junger Artillerist in den Fluß, erreichte schwimmend das eine Kind und brachte es glücklich ans Ufer, während die Mutter und das andere Kind ihren Tod unter den Eisschollen fanden. Der brave Jüngling behielt die kleine Waise bei sich; aber ob er den Kleinen und sich selbst bis Frankreich gerettet habe, ist nicht bekannt. Eine der gräßlichsten Scenen ist folgende, die ein Augenzeuge erzählt. „Die schöne 25jäh= rige Frau eines französischen Obersten, die ihren Mann wenige Tage früher, ehe wir die Beresina erreichten, in einem Gefechte verloren hatte, hielt unweit der Brücke, die zu unserm Uebergange bestimmt war, nahe bei mir. Gleichgültig gegen alles, was um sie her vorging, schien sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihre Tochter, ein sehr schönes Kind von vier Jahren, das sie vor sich auf dem Pferde hatte, zu richten. Vergebens suchte sie mehrere Male die Brücke zu erreichen, wurde aber immer wieder zurückgedrängt. Dumpfe Verzweiflung schien ihr ganzes Wesen zu erfüllen; sie weinte nicht; starr waren ihre Augen bald zum Himmel, bald auf ihre Tochter gerichtet, und einmal vernahm ich die Worte: „0 Gott, wie bin ich so grenzenlos elend, daß ich nicht einmal beten kann!" Gleich darauf fiel ihr Pferd, von einer Kugel getroffen, und ihr selbst wurde von einer Kugel der linke Schenkel über dem Knie zerschmettert. Mit der Ruhe stiller Verzweiflung nahm sie ihr weinendes Kind, küßte es öfters, löste ihr mit Blut getränktes Strumpfband von dem zerschmetterten Beine und erwürgte das Kind damit. Hierauf schloß sie die kleine Leiche in die Arme, drückte sie fest an sich, legte sich neben ihr gefallenes Pferd und erwartete so, ohne einen Laut von sich zu geben, ihr Ende. Bald darauf wurde sie von den Pferden derer, die sich gegen die Brücke drängten, zertreten."

9. Theil 4 - S. 102

1880 - Stuttgart : Heitz
102 Neueste Geschichte. 1. Periode. Freiheitskampf. dem verbündeten Heere: „Der wichtige Augenblick des heiligen Kampfes ist erschienen, wackere Krieger! Die entscheidende Stunde schlägt, bereitet euch zum Streite! Russen, Preußen, Obstreicher, ihr kämpft für eine Sache! kämpft für die Freiheit Europas, für die Unabhängigkeit eurer Staaten, für die Unsterblichkeit eurer Namen — Alle für Einen! Jeder für Alle! Mit diesem erhabenen männlichen Rufe eröffnet den heiligen Kampf! Bleibt ihm treu in der entscheidenden Stunde und der Sieg ist euer!" Am 16. October begann die gewaltige Schlacht, in welcher die Völker, die von den fernen Grenzen Asiens, von dem mittelländischen und vom atlantischen Ocean herangezogen waren, auf einem Punkte zusammentrafen, um über das Schicksal Europas endlich die blutige Entscheidung herbeizuführen; mit Recht wird sie daher die Völkerschlacht bei Leipzig genannt. Die hart bedrohte Stadt, welche den Mittelpunkt dieser großen kriegerischen Handlung bildete, hörte drei Tage hindurch den Donner, welcher aus 1400 Feuerschlünden dröhnte. Auf drei Seiten zugleich entbrannte der fürchterliche Kampf: das große Heer der Verbündeten kämpfte im Südosten der Stadt bei Wachau u. f. w., ein anderer Theil gegen Bertrand im Westen von Leipzig bei L i n d e n a n, Blücher endlich schlug im Norden eine besondere Schlacht bei Möckern. Mit unerhörter Anstrengung und rühmlichem Heldenmuth wurde von beiden Seiten der Kampf geführt, und niemand soll den Franzosen den wohlverdienten Ruhm schmälern, welchen sie durch ihre Tapferkeit und ihre Ausdauer auch bei Leipzig bewiesen haben. Am. Nachmittag des 16. October schien es, als sei der Kampf zu ihren Gunsten entschieden und schon hatte Napoleon eine Siegesbotschaft an den König von Sachsen geschickt; aber es zeigte sich bald, daß er zu zeitig triumphirt hatte, und als sich die Sonne neigte, standen die Heere bei Wachau fast eben so wie bei dem Beginn des furchtbaren Kampfes, wogegen Blücher bei Möckern die größten Vortheile erfochten hatte. Dort hatten die Preußen, besonders die York'sche Abtheilung, dm blutigsten Kamps des ganzen Krieges zu bestehen; dreimal mußten sie das Dorf.im Sturm nehmen und dreimal wurde es ihnen wieder entrissen, aber zuletzt behielten sie dennoch den Sieg, welcher freilich durch den Tod einer ungemein großen Anzahl muthiger Jünglinge und Männer erkauft war. — Am 17. October versuchte Napoleon noch einmal, die Oestreich er durch lockende Versprechungen zum Abfall von den Verbündeten zu bestimmen; aber der Kaiser Franz wollte davon

10. Theil 4 - S. 60

1880 - Stuttgart : Heitz
60 Neueste Geschichte. I. Periode. Frankreich. Über auf dem westlichen Nilufer liegen. Aber hier erwartete sie Mnrad, einer der tapfersten Mameluckenbeys. Bonaparte entflammte, wie es im Schlachtberichte heißt, seine Soldaten durch wenige kraftvolle Worte. „Bedenkt," sprach er, indem er auf die Pyramiden zeigte, „daß von der Höhe dieser Denkmäler 4000 Jahre auf uns herabblicken." Murad Bey erlitt eine vollkommene Niederlage und Kairo wurde nun am 22. Juli besetzt. *) Bis hierher war fast alles glücklich gegangen; aber vier Wochen darauf kam Nelson zum zweiten Male nach der ägyptischen Küste, und wie freute er sich, die lange gesuchte französische Flotte zu finden. Sie lag bei Abukir, einem Vorgebirge vor Anker und wurde vom Admiral Brneys befehligt. Nelson fing die Schlacht sogleich an, die 18 Stunden lang bis tief in die Nacht währte und mit dem Verluste fast der ganzen französischen Flotte endigte. Brueys selbst wurde erschossen. Eins der größten ftanzösischen Schiffe, welches vom Feuer ergriffen war, flog mit fürchterlichem Krachen in die Luft und erleuchtete auf einige Augenblicke die schauderhafte Scene; denn 500 Menschen, die sich noch darauf befanden, wurden noch einmal so hoch als unsere höchsten Thürme in die Luft geschleudert. Ein rührendes Beispiel der kindlichen Liebe gab auf demselben Schiffe der Sohn des Capitains Casa Bianca. Der Vater wurde schwer verwundet; man konnte ihn daher von dem brennenden Schiffe nicht wegbringen. Sein Sohn, ein hoffnungsvoller junger Mensch wurde von den Matrosen bestürmt, sich schleunigst zu retten, ehe das Feuer die Pulverkammer ergreife. „Rettet euch!" antwortete er, „ihr könnt dem Vaterlande noch nützlich sein; ich aber *) Vor der Ankunft der Franzosen in Kairo bewies eine Muhemedanerin einen recht seltenen Edelmuth. Sie sah ein, daß der Pöbel bei Annäherung der Franzosen die dort lebenden, ganz unschuldigen fremden Kaufleute ermorden würde, und bat daher ihren Mann um die Erlaubniß, sie unter ihren Schutz nehmen zu dürfen. Als' ihr dies gestattet wurde, versammelte sie alle jene Kaufleute in ihrem von einer festen Mauer eingeschlossenen Hause, erwies ihnen dabei die größte Aufmerksamkeit und wies den Frauen derselben den Garten mit einem geräumigen Gartenhause an. Man glaubte erst, sie-thue es aus Eigennutz, damit Bonaparte, wenn er nach Kairo käme, ihr Haus nicht ausplündern lasse; aber sie erklärte standhaft, sie würde bei Annäherung der Franzosen sogleich die Stadt verlassen. Das that sie nachher auch wirklich, versah aber vorher ihre Schützlinge mit Lebensmitteln für einen ganzen Monat. Ohne ihre Fürforge würden auch wirklich alle die fremden Kaufleute ihr Leben eingebüßt haben. Der Pöbel beging am Tage vor dem Einzuge der Franzosen große Ausschweifungen und trachtete namentlich allen Fremden nach dem Leben.
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